„Nehmen Sie bitte Platz!“
Diese schlichte, alltägliche Aufforderung sagt doch ganz viel: eine Einladung zu Sein an diesem Ort, in dieser Welt, in diesem Leben.
Platz bedeutet, da ist Raum für mich reserviert, ausreichend Platz haben, wo ich sein kann, wo ich mich bewegen kann, einen Platz, wo ich atmen kann. Gibt es einen Platz, der für mich vorgesehen ist? Und muss ich danach suchen? Wenn ich ihn nicht finde, bin ich dann „fehl am Platz“? Oder gibt es auch andere Möglichkeiten den Platz zu finden? Einen Platzanweiser für das Leben, ein Lebens-Navi haben – Jetzt bitte links abbiegen, Sie haben Ihr Ziel erreicht – das wäre schön.
Ich wüsste gerade so gerne, wo mein Platz ist. „Zeige mir meinen Platz in meinem Leben, in meiner Gemeinde, in Gottes geliebter Welt“ – diese Zeilen gehören zu einem Gebet, das ich seit Anfang des Jahres zu einem täglichen Ritual gemacht habe: Die Frage danach, wer ich bin und wohin ich im Leben gehöre.
Wie wäre es, den Platz IN mir zu haben, ihn somit immer bei mir zu haben? Wen lasse ich auf den Platz in mir drin? Oder bestimme ich selbst, wer „in mir Platz nimmt“? Wem und welchen Themen gebe ich in mir Raum? Wie viel Platz ist in mir für mich, für andere Menschen, für Gott? Muss ich vielleicht erstmal Platz in mir schaffen, verspäteten Frühjahrsputz veranstalten? Was könnte das heißen?
Und wie ist es mit den äußeren Plätzen? Solange schon wünsche ich mir mein Zimmer, meinen Raum. Vielleicht korrespondiert Inneres und Äußeres? Was will ich als erstes anpacken? Vielleicht geschieht dann beides zugleich: ein Raum für mich in meiner Wohnung und ein Raum in mir, an dem ich sein kann, wo ich ganz bei mir bin.
Ich lade zu einer Übung ein: Wie sieht der Raum aus, in dem Du gerne Platz nehmen möchtest? Was ist dort? Wie sieht es aus? Welche Farben umgeben Dich? Was hörst, was riechst, was fühlst Du? Was muss unbedingt in diesem Raum sein? Welche Bilder, Gegenstände, Menschen sind dort anzutreffen? Beschreibe diesen Raum in einem Bild oder mit Worten.
Reflexion: Welchen Platz habe ich in mir, in meinem Leben, in dieser Welt?
Liebe Christiane,
„Bitte nehmen Sie Platz!“ Ist eine der schönsten und zugleich oft selbstverständlichen Sätze, die wir selbst oft ausssprechen und erst in der Reaktion des Gegenübers merken, wie wenig selbstverständlich eine solche ernst gemeinte Wertschätzung der Person wirklich ist. Das erlebe ich in meinem beruflichen Alltag jeden Tag, denn meine Begegnungen beginnen alle mit diesem Satz.
Jetzt schenke ich dir meinen Satz vom WE, der dazu passt und dabei ist Raum in mir für mich das gefühlte Synonym für Zuhause.
*Ich genieße
Schreiben als Zuhause
in einem Raum,
der hält:
FREIHEIT.*
Liebe Christiane,
liebe Buchautorin, ;-),
noch einen schönen Sonntag,
Sabine.
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Liebe Sabine,
oh, welch wunderbarer Satz! Schreiben als Zuhause ist ein „Platz“, den Du immer bei Dir hast: mit einem Füller und einem Buch.
Herzlich
Christiane
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Das sind sehr spannende Fragen, die dich gerade beschäftigen! Sich darüber klar zu werden, wer man ist, wo man hingehört und was sonst noch wichtig im eigenen Leben ist – kann man darauf dauerhaft gültige Antworten finden?
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Diese Fragen stellen sich im Leben immer wieder. Mich haben sie schon mit Anfang 20 sehr beschäftigt, und jetzt gerade wieder. Ich wünsche mir, immer mehr IN mir anzukommen. Und das ist sicher immer wieder neu und spannend!
Ich habe gerade ein Lied, ein ganz altes Kirchenlied von Gerhard Tersteegen, dazu wiederentdeckt:
Ein Tag, der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern zur großen Ewigkeit.
O Ewigkeit, so schöne, mein Herz an Dich gewöhne.
Mein Heim ist nicht in dieser Zeit.
Danke!
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Ein sehr schöner Text!
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Wenn Du den Text magst, möchte ich Dir die anderen Strophen nicht vorenthalten (die zitierte war die 3.):
Ich schließe mich aufs Neue
in deine Vatertreue und Schutz und Herze ein.
Die irdischen Geschäfte
und alle finstern Kräfte vertreibe durch dein Nahesein.
Dass Du mich stets umgibest,
dass du mich herzlich liebest und rufst zu dir hinein,
dass du vergnügst alleine
wo wesentlich, so reine lass früh und spät mir wichtig sein.
Hier zum Reinhören.
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Vielen Dank für den Link! 🙂
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Liebe Christiane,
ich stelle mir eher vor, dass ich in meinem Leben immer wieder neue Räume durchwandere und dort zwischendurch auch Platz nehme. Aber es gehen auch neue Türen auf, die ich durchschreiten möchte, um den Raum dahinter zu erkunden. Ich verstehe, wenn Du meinst, dies sei ein anderer Raum, als der von dem Du sprichst. Die geht es um den Raum in Dir, in dem Du Dich mit Deiner ganzen Persönlichkeit ausbreiten darfst. Aber ändert sich dieser Raum nicht auch immer wieder? Ich glaube bei dem Gedanken „Nehmen Sie Platz“, stört mich das von mir gleich hinzugedachte statische Verbleiben. Ein für mich erstaunlicher Gedanke, denn eigentlich bin ich eher ein Mensch, der gern im Altvertrauten verbleibt. Da muß ich noch ein wenig läger drüber nachdenken. Danke für die Anregung
Liebe Grüße noch aus Berlin
Anne
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Liebe Anne,
vielen Dank für den Einblick in Deine Gedanken! Und die Entdeckung, dass Du gerade gerne unterwegs bist – das ist schön!
Ich bin vielleicht sehr viel oder auch zuviel unterwegs gewesen, vielleicht auch zu weit weg von mir, so dass für mich ein Platz auch zur Ruhe kommen und bei mir ankommen bedeutet. Und ich habe das Gefühl, ich nähere mich an – auch wenn es äußerlich gerade alles sehr bewegt aussieht! Interessante Beobachtung für mich…
Deine Zeilen erinnern mich an Hermann Hesses „Stufen“ (hier Ausschnitte):
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
Liebe Grüße
Christiane
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Liebe Christiane,
das ist eins meiner absoluten Lieblingsgedichte!!!!!! Es trägt so viel Weisheit in sich und gibt mir gerade mit der letzten Strophe Zuversicht, es mit dem Älter werden und dem Tod entgegen gehen auszuhalten. Leider vergesse ich diese geniale Botschaft „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde“ immer wieder und klammere mich mit all meiner Verzagtheit an das Altvertraute
Liebe Grüße
Anne
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Liebe Christiane,
Dank der Blogparade lese ich nun diesen Post, der mir bisher durch die Lappen gegangen ist. Welch wichtige Fragen Du stellst über unseren Platz in der Welt, aber eben auch über den Platz in uns selbst. All das regt wunderbar zum Nachdenken an. Die schönen Bilder und die Übung runden den Beitrag perfekt ab.
Wir nehmen Platz
in der Mitte von allem
in deiner Mitte
in meiner Mitte
inmitten von mir
inmitten von dir
vielleicht auch am Rand
oder irgendwo dazwischen
Wir nehmen Platz
oder bieten ihn
oder lassen ihn
Wir nehmen Platz
von Angesicht zu Angesicht
und lauschen unseren Geschichten
Wir nehmen Platz
im Hier
Liebe Grüße
mo…
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