Der Tag ist noch so jung und
ich fühl mich schon so alt.
In meinem Herzen wird es kalt,
so schaudert mich vor diesem Tag.
Der Blick aus dem Fenster wird starr,
bleibt hängen an den kahlen Bäumen.
Was wir alles versäumen
in diesen Tagen, die so leer sind wie sie.
Viel zu viel ist offen,
viel zu viel ist ungewiss und ungeklärt.
Es ist so wie es ist, fährt
es mir durch die Glieder und ich schweige still.
Zur Unbeweglichkeit verdammt
friste ich mein Dasein diese Tage,
warte Stunde um Stunde und die Frage
drängt sich auf, wann das endet.
Wer kann heute schon noch warten?
Eine längst vergessne Kunst.
Eine Tugend, um deren Gunst
wir uns wieder neu bemühen müssen.
Warten bedeutet Leerlauf
im sonst umtriebigen Getriebe
und was dann von mir bliebe,
merke ich beim Innehalten –
unsanft ist der Aufprall.
Was finde ich da in mir?
Habe ich noch ein Gespür
für die leisen, weichen Töne?
Was höre ich in mir,
wenn das Getöse des Alltags
verstummt und verhallt
im leeren Saal der Innerlichkeit?
Ganz neu und frisch,
wie zum ersten Mal,
taste ich mich vor in das Dunkel im Saal
der inneren Tiefe.
Langsam gewöhnen sich
die Augen an das Dämmern.
Es ist nicht länger
dunkel, denn schon wird es hell
und ich verstehe schnell,
dass auch hier
ich bin.
Vielleicht so pur wie nirgendwo,
ohne den Blick auf andere
sehe ich mich um und wandere
von einer Ecke in die nächste.
Ungemach, Scham und Angst
rauben mir den Atem und das Licht.
Stein für Stein trage
ich sie ab, die Mauer
und ich erschauer
vor der Kälte, schwer wiegt ihr Gewicht.
Durch Wärme und den liebevollen
Blick lassen sich die Steine formen.
Und in meine Hand genommen,
verwandeln sie sich zart in Perlen.
Ich bin es wert zu strahlen
mit meinen innern Kostbarkeiten,
die sich gebildet und gestaltet
durch die Furchen und die Wunden,
durch das Leben und die Grausamkeiten,
die sich wie Schutt und Asche
türmen vor den Türen
der Königskammer.
Schätze von unschätzbarem Wert,
längst vergessne Diamanten
kamen einst abhanden
um ab jetzt zu leuchten
nur für mich.
So ergibt es einen Sinn,
das ganze Leiden schmilzt dahin
und verwandelt sich
in Schönheit.
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