Nur für heute

Nur für heute
möchte ich dem Drang widerstehen
mich zu verzetteln.

Nur für heute
möchte ich mein Tempo finden
und mich nicht antreiben.

Nur für heute
möchte ich loslassen,
was mich von mir wegzieht.

Nur für heute
möchte ich dableiben,
statt aufzustehen und wegzulaufen.

Nur für heute
möchte ich mich neben die Angst setzen,
warten, bis sie spricht.

Nur für heute
möchte ich erleben,
dass Verletzlichkeit
wirklich stark macht.

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Poetry beauty

Der Tag ist noch so jung und
ich fühl mich schon so alt.
In meinem Herzen wird es kalt,
so schaudert mich vor diesem Tag.

Der Blick aus dem Fenster wird starr,
bleibt hängen an den kahlen Bäumen.
Was wir alles versäumen
in diesen Tagen, die so leer sind wie sie.

Viel zu viel ist offen,
viel zu viel ist ungewiss und ungeklärt.
Es ist so wie es ist, fährt
es mir durch die Glieder und ich schweige still.

Zur Unbeweglichkeit verdammt
friste ich mein Dasein diese Tage,
warte Stunde um Stunde und die Frage
drängt sich auf, wann das endet.

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Sternschnuppennächte*

Ich liege im Gras auf dem Grundstück meiner Kindheit und lasse mich von Sternschnuppen beregnen. Soooo viele Wünsche!

Weißt Du, wie viel Sternlein stehen
an dem blauen Himmelszelt?
Weißt Du wie viel Wolken gehen
weithin über alle Welt.
Gott, der Herr, hat sie gezählet,
dass ihm auch nicht, eines fehlet
an der ganzen großen Zahl,
an der ganzen großen Zahl.

Dabei stechen mich die Mücken, die durch die laue Sommernacht schwirren.

Weißt Du wie viel Mücklein spielen
in der heißen Sonnenglut?
Weißt Du  wie viel Fischlein auch sich kühlen
in der hellen Wellenflut?
Gott, der Herr, rief sie mit Namen,
dass sie all ins Leben kamen,
dass sie nun so frühlich sind,
dass sie nun so frühlich sind.

Ich übernachte in dem Zimmer meiner Kindheit, vieles ist vertraut, vieles hat sich geändert.

Weißt Du wie viel Kinder frühe
stehn aus ihrem Bette auf,
dass sie ohne Sorg und Mühe
fröhlich sind im Tageslauf?
Gott im Himmel hat an allen
seine Lust, sein Wohlgefallen;
kennt auch dich und hat dich lieb,
kennt auch dich und hat dich lieb.

Ein Gute-Nacht-Lied meiner Kindheit.

Wer singt es mir heute?

 

* Um meinen Geburtstag herum haben immer die Perseiden Saison.

 

Photo by Michał Mancewicz on Unsplash

 

 

 

 

Photo by Michał Mancewicz on Unsplash

Der geschenkte Tag

Wenn ich einen Tag geschenkt bekäme,
würde ich aufräumen mit meinem Leben.

Wenn ich mit meinem Leben aufräumen würde,
würde ich all das rausschmeißen, was nicht zu mir gehört.

Wenn ich all das rausgeschmissen hätte, was nicht zu mir gehört,
wäre ich frei.

Wenn ich frei wäre,
könnte ich einfach ich selbst sein.

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Neuanfang

Der Jahreswechsel ist ein Drehpunkt: Ich stehe bereits im Neuen Jahr und wende meinen Blick noch einmal zurück. Was sehe ich? Welche Gefühle und Erinnerungen kommen wieder? Was davon möchte ich festhalten, bewahren, würdigen? Wenn ich auf mein Jahr schaue, entdecke ich das:

anregend

Da ich sehr gerne lerne und mir neue Kontexte und Themen erschließe, hatte ich viele anregende Begegnungen und Veranstaltungen. Mein Studium „Biografisches und Kreatives Schreiben“ habe ich mit einer munteren Studiengruppe verbracht, mit der ich mich gleich Anfang des Jahres getroffen habe, um ein selbst organisiertes Kolloquium zur Masterarbeit in Iserlohn zu verbringen. Schließlich haben wir die Treffen noch im digitalen Raum fortgesetzt.

Anregend waren für mich auch die Netzwerktreffen in meinen verschiedenen Gruppen zu Focusing und Spiritualität – einzeln und in Verbindung. Focusing und Träume haben mir anregende Begegnungen in Fürth beschert in der Weiterbildung mit Ulrike Böhm. „Thinking at the Edge“ – Focusing und Philosophie bzw. Theorieentwicklung – habe ich in Würzburg und auf dem Achberg vertieft – und im Selbststudium.

Besonders inspierend waren auch die SIG-Treffen der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung, die ich besucht habe: Ausbildung von Peer-Schreibtutor*innen, SIG Vielfalt der freiberuflichen Schreibleute.

Sehr angeregt bin ich vom Kirchentag in Dortmund wieder nach Hause gefahren.

beschenkt

Als Geschenk habe ich insbesondere die Zusammenarbeit mit Kolleginnen im letzten Jahr erlebt: in biografischen und kreativen Schreibwerkstätten, beim Schreibretreat im Kloster Maria Laach, bei der Weiterbildung für die Ausbilder*innen von Peer-Schreibtutor*innen, in der HaMakom-Initative. Beschenkt fühle ich mich durch mein Frauenteam, mit dem ich mich regelmäßig zum kollegialen Austausch treffe. Außerdem habe ich im letzten Jahr wunderbare Schreibberatung durch die Masterarbeit erhalten und ein kollegiales Lektorat. Ebenfalls eine treue und regelmäßige Begleiterin ist meine Focusing-Partnerin. Ich bin auch beschenkt durch ein wundervolles Team in der Leitung meiner Kirchengemeinde. Reich beschenkt fühle ich mich durch meinen Hauskreis.

Seifenblasen in Dresden, C.Henkel
Seifenblasen in Dresden, C.Henkel

unbeschwert

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Teebeutelweisheiten

Nichts ist wie Du,
nichts war wie Du,
nichts wird je wie Du sein.

Während einer meiner Workshops der letzten Wochen mache ich mir eine Tasse Tee und finde diese Teebeutelweisheit. Sie spricht mitten hinein in mein Leben, über das ich gerade wieder viel nachdenke: Wohin geht die Reise? Was lasse ich hinter mir? Wie wird das Neue sein? Was nehme ich mit?

Und dann die überraschende Antwort: ich selbst. Nichts ist wie ich. Ich nehme mich mit. Mit allem, was zu mir gehört. Während ich immer wieder darüber nachdenke, wo mein Platz ist, entdecke ich ebenfalls überraschend: Hier. Mein Blog ist einer meiner Plätze, an denen ich ich sein kann. Natürlich nie mit allem, was mich ausmacht, das ließe sich auch nicht auf einer digitalen Schreibplattform ausdrücken! Dieses Schreiben bringt mich in Kontakt mit mir, ich gehe der Spur nach zu meinem Inneren, zum Lebendigen.

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Häutung

Es kribbelt am ganzen Körper
wenn die alte Haut sich löst.
Ablösungsprozesse.
Es splittert und knackt.
Zustand des Übergangs, der Schwebe
des nicht mehr und noch nicht

Beobachten, wie das Alte aufbricht
nicht mehr hält und trägt
und darunter
kommt die neue Haut hervor.
Noch ganz zart und dünn
geschmeidig und beweglich
noch nicht der Witterung ausgesetzt
absolut schutzlos
ganz sensibel und feinfühlig.
Spürt jede Bewegung
jeden Lufthauch.
Ihr fehlt noch die kräftige Farbe
sie ist noch durchscheinend, blass.
Lichtempfindlich.
Schutzbedürftig.

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Alltagsbeobachterin

Ich bin formschön gestaltet. Aus Metall. Bronzefarben erstrahle ich, wenn das Licht auf mich fällt. Meine Oberfläche ist glatt und kühl. Rund bin ich zu einer Schale geformt. Meistens bin ich still, warte ab. Ich kann ganz geduldig sein. Ich nehme einfach wahr. Ich nehme auf, was um mich herum passiert. Es ist, als ob ich aus einem großen Ohr bestünde. Und dann, wenn jemand mich berührt, kurz und schwungvoll, entfalte ich meinen Klang! Aus der Tiefe meines Körpers kommt der Ton, facettenreich, angereichert mit hohen und tiefen Anteilen. Sehr rein, klar. Erst laut, der Ton klingt lange nach und schwingt und summt und verhallt. Ich vibriere, mein ganzer Körper erzittert wohlig. Wenn Klang und Bewegung verebbt sind, bin ich wieder still, aufmerksam, gelassen, ruhe auf meinem Kissen. Halte inne und horche hin, was um mich herum geschieht.

Still
verharre ich
Warte auf den
Moment des schwungvollen Anschlags
Erregt

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Adieu

Ich lasse dich nicht gerne ziehen. Intensiv warst du. Mit viel Veränderung und innerem Wachstum. Das ganze Jahr über hat mich dies Wort begleitet. Zu Anfang habe ich mich kaum getraut, darüber zu schreiben, es kam mir zu bunt, zu positiv, zu laut vor. Dabei liebte ich es von Anfang an, es war richtig. Ich habe es in dem Onlinekurs von Julia Meder: Dein Wort des Jahres „gefunden“. Aus der Perspektive dieses Wortes BLÜHEN möchte ich auf mein letztes Jahr zurückblicken, die Früchte ernten und mit einem frischen Blick auf das begonnene Jahr zugehen.

Da war es plötzlich am Neujahrsmorgen. Es bündelte die Reflexionen, die in dem Kurs angestoßen wurden, meine Wünsche, das, was ohnehin anstand, und das, was ich nicht machen, sondern geschehen lassen oder nur hoffen konnte. Gleich am Anfang des Jahres habe ich einen Blogbeitrag geschrieben – aber nie veröffentlicht. Aber es ist nie zu spät, das Wort und das Jahr noch einmal zu würdigen.

Und ich glaube ja nicht, dass
der Garten im Winter
seine Ekstase verliert.
Er ist still.
Aber die Wurzeln sind aufrührerisch
ganz tief da unten.

Rumi

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